| Veranstaltung: | Landesparteitag 08.11.2025 Völklingen |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 8. Anträge |
| Antragsteller*in: | LAG Wirtschaft und Finanzen (dort beschlossen am: 23.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
| Angelegt: | 23.10.2025, 20:08 |
A7: Ein saarländischer Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung nach dem Vorbild des AAV in NRW
Antragstext
Als kleinstes Flächenbundesland mit einer langen Industriegeschichte steht das
Saarland vor der besonderen Herausforderung, mit seinen begrenzten
Raumressourcen verantwortungsvoll und zukunftsorientiert umzugehen. Die
industrielle Vergangenheit hat zahlreiche Altlasten und Brachflächen
hinterlassen, deren Reaktivierung eine zentrale Aufgabe für die Zukunft
darstellt.
Ein zentraler Baustein für eine nachhaltige Flächenpolitik ist das Ziel eines
Netto-Null-Flächenverbrauchs, das sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich
notwendig ist. Die ressourcenschonende Nutzung bestehender Flächen und die
Sanierung von Altlasten sind entscheidend für die Transformation der
saarländischen Wirtschaft.
Um diese Herausforderungen strukturell und wirksam anzugehen, braucht es neue
institutionelle Lösungen.
Der Landesparteitag möge beschließen:
- Bündnis 90/Die Grünen Saarland setzen sich für die Gründung eines
saarländischen Verbands für Flächenrecycling und Altlastensanierung in
Form einer Anstalt öffentlichen Rechts ein, in der Land und Kommunen sowie
freiwillige Mitglieder aus der Wirtschaft zusammenarbeiten.
- Die Finanzierung soll durch einen Mix aus Landesmitteln, kommunalen
Beiträgen und freiwilligen Beiträgen der Wirtschaft erfolgen. Eine
Anschubfinanzierung soll aus dem Transformationsfonds des Saarlandes
bereitgestellt werden, um eine tatsächliche Transformation und eine
breitere Ausrichtung der Saar-Wirtschaft voranzutreiben.
- Der Verband soll als Maßnahmenträger für Land, Städte und Gemeinden
fungieren. Dabei übernimmt er den Großteil der Kosten für die Sanierung
kontaminierter Flächen und deren Aufbereitung für neue Nutzungen. Die
Eigentümer leisten eine Co-Finanzierung in Form eines Eigenanteils.
- Die Landesregierung wird aufgefordert, das bestehende Gewerbeflächen-
Informationssystem in Zusammenarbeit mit den Kommunen zu einem
landesweiten, aussagekräftigen und aktuellen Informationssystem
auszubauen. Dieses soll verfügbare Gewerbeflächen sowie potenzielle
Brachflächen mit Angaben zum aktuellen Status, früheren Nutzungen,
Nutzungspotenzialen und -einschränkungen sowie zu den
Eigentumsverhältnissen enthalten.
- Um Brachflächen wieder nutzbar zu machen, müssen Land, Städte und
Gemeinden Zugriff auf diese Flächen erhalten. Das Land soll hierfür
Bodenfonds auflegen, die den Zwischenerwerb von Flächen ermöglichen.
Haushaltsrechtliche Hürden für den kommunalen Grundstückserwerb sind
abzubauen. Die Landesregierung soll entsprechende Vorgaben für die
Kommunalaufsicht formulieren.
Darüber hinaus regen wir ein Sonderförderprogramm zur Beschleunigung der
Reaktivierung von Brachflächen an, das sowohl Kommunen als auch private
Investoren bei Maßnahmen des Flächenrecyclings und der Altlastensanierung
unterstützt. Die geförderten Projekte müssen klaren ökologischen und/oder
sozialen Kriterien entsprechen.
Begründung
Das Saarland steht vor großen Herausforderungen im Strukturwandel. Ähnlich wie Nordrhein-Westfalen verfügt das Land über eine lange industrielle Vergangenheit, insbesondere geprägt durch die Kohle- und Stahlindustrie. Diese Geschichte hat zahlreiche kontaminierte Flächen hinterlassen, die heute ein doppeltes Problem darstellen: Einerseits sind sie ein erhebliches Umweltrisiko, andererseits blockieren sie wertvolle Entwicklungspotenziale für Wohnen, Gewerbe und nachhaltige Wirtschaftsansiedlungen.
Gleichzeitig ist das Saarland als kleinstes Flächenbundesland besonders gefordert, mit seinen begrenzten Raumressourcen verantwortungsvoll umzugehen. Der Flächenverbrauch muss dringend reduziert werden, um die planetaren Grenzen zu respektieren und den Zielen des Umwelt- und Klimaschutzes gerecht zu werden. Dennoch benötigt das Land dringend neue Flächen für wirtschaftliche Transformation und Zukunftsansiedlungen. Die Reaktivierung von Brachflächen durch Flächenrecycling ist daher sowohl ökologisch als auch ökonomisch sinnvoll – und unverzichtbar.
Ohne gezielte Unterstützung der öffentlichen Hand wird die Sanierung und Wiederaufbereitung solcher Flächen vielerorts nicht möglich sein. Die Erfahrungen aus Nordrhein-Westfalen zeigen, wie ein solches Modell erfolgreich umgesetzt werden kann: Dort hat sich seit Ende der 1980er Jahre der AAV – Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung – als sondergesetzlicher Verband und Körperschaft öffentlichen Rechts etabliert. Der AAV übernimmt die Maßnahmenträgerschaft für komplexe Sanierungsprojekte und trägt 80 % der Kosten, während die Kommunen 20 % beisteuern. Dieses Modell hat sich als besonders effektiv erwiesen, um kontaminierte Flächen wieder nutzbar zu machen, die für private Investoren aufgrund ihrer Lage oder Belastung nicht attraktiv genug sind.
Gerade kleinere und finanzschwache Kommunen sind mit der komplexen Aufgabe der Altlastensanierung oft überfordert. Der AAV in NRW hat seit seiner Gründung rund 224 Millionen Euro in Sanierungsprojekte investiert und zahlreiche Flächen für neue Nutzungen aufbereitet. Ein vergleichbarer Verband im Saarland würde:
- Die Kommunen bei der Bewältigung komplexer Altlastensanierungen fachlich und finanziell unterstützen,
- Brachliegende Flächen für neue Nutzungen (Wohnen, Gewerbe, Industrie) aufbereiten,
- Den zusätzlichen Flächenverbrauch reduzieren und damit einen wichtigen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten – insbesondere, da das Saarland einen der höchsten Werte an neuem Flächenverbrauch in Deutschland aufweist,
- Die wirtschaftliche Transformation des Saarlandes durch die Bereitstellung attraktiver Flächen für Neuansiedlungen fördern,
- Fachkompetenz im Bereich Altlastensanierung und Flächenrecycling bündeln und dauerhaft verfügbar machen.
Die Finanzierung über den Transformationsfonds ist gerechtfertigt, da die Reaktivierung von Brachflächen ein zentraler Baustein für die wirtschaftliche Zukunft des Saarlandes ist. Die Mittel sollten für diesen strukturpolitisch bedeutsameren Zweck eingesetzt werden. Die Schaffung eines solchen Verbands würde unmittelbar zur wirtschaftlichen Zukunftsfähigkeit des Landes beitragen.
Die Erfahrungen aus NRW zeigen, dass für Standardsanierungen mit Kosten von etwa 2 Millionen Euro pro Hektar zu rechnen ist. Diese Investitionen sind notwendig, um die Flächen wieder nutzbar zu machen und langfristig zur nachhaltigen Entwicklung des Saarlandes beizutragen.
Flächenrecycling ist in der Regel nur möglich, wenn die belasteten Flächen im Besitz der Kommunen sind. Insbesondere verschuldete Kommunen verfügen jedoch häufig nicht über die finanziellen Mittel für den Erwerb solcher Flächen. Daher halten wir es für notwendig, dass das Land durch die Auflage von Bodenfonds den Kommunen den Zwischenerwerb von Brachflächen ermöglicht.
Um die Reaktivierung von Brachflächen zusätzlich zu beschleunigen, schlagen wir ein Sonderförderprogramm vor, das sowohl Kommunen als auch private Investoren bei der Umsetzung von Flächenrecycling und Altlastensanierung unterstützt. Die geförderten Projekte müssen dabei klaren ökologischen und/oder sozialen Kriterien entsprechen um zielorientiert zu wirken und unerwünschte Mitnahmeeffekte zu vermeiden.