| Veranstaltung: | Landesparteitag 08.11.2025 Völklingen |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 8. Anträge |
| Antragsteller*in: | Graue Grüne Saar (dort beschlossen am: 10.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
| Angelegt: | 15.10.2025, 19:21 |
A1: Gegen Altersdiskriminierung – Für gleiche Chancen in jedem Lebensalter
Antragstext
In Deutschland leben immer mehr Menschen über 65 Jahre, deren Lebensrealitäten
sehr unterschiedlich sind. Für viele ist Alter keine Zeit des Rückzugs, sondern
eine Phase, in der sie aktiv bleiben wollen und können. Doch
Altersdiskriminierung behindert häufig genau das: Sie schmälert Chancen,
verhindert Teilhabe und trägt zu finanzieller Benachteiligung bei. Diese
strukturellen Hindernisse – auch im Alltag, etwa bei Kreditvergabe oder
Arbeitsmarkt müssen abgebaut werden.
Der Landesparteitag möge daher beschließen:
Bündnis 90/Die Grünen Saar setzen sich auf allen politischen Ebenen entschieden
gegen Altersdiskriminierung ein.
Wir fordern:
1. Arbeitswelt und Qualifizierung
- Bekämpfung von Altersdiskriminierung bei Bewerbung und Einstellung durch
wirksame Kontrollmechanismen und anonymisierte Bewerbungsverfahren, wo
möglich.
Mehr als ein Viertel (ca. 28 %) der Erwerbstätigen über 50 berichtet,
schon einmal im Bewerbungsprozess oder in Beförderungsentscheidungen wegen
ihres Alters benachteiligt worden zu sein.
- Recht auf Weiterbildung und Umschulung in jedem Lebensalter, auch jenseits
des Erwerbslebens. Älteren Personen, die kurz vor ihrem Ruhestand stehen,
werden z.b. oft Fortbildungsanträge abgelehnt.
- Stärkung von Initiativen, die generationenübergreifendes Arbeiten und
Mentoring fördern.
Unternehmen, die ältere Mitarbeitende fördern, etwa als Mentor*innen,
profitieren von deren Erfahrung, Wissen und Stabilität, doch solche
Modelle sind noch selten strukturell verankert.
2. Gesellschaftliche Teilhabe
- Barrierefreiheit in Gebäuden, im öffentlichen Nahverkehr und auf Gehwegen
hilft allen Altersgruppen. Viele ältere Menschen verzichten bewusst oder
aus gesundheitlichen Gründen auf das Auto, daher muss die Lebensumgebung
fußgängerfreundlich gestaltet sein.
- Sicherstellen der Versorgungsinfrastruktur. Sowohl medizinische
Versorgungseinrichtungen als auch die des täglichen Lebens müssenleicht
erreichbar sein.
- Ausbau generationenübergreifender Projekte in Kommunen (z. B.
Mehrgenerationenhäuser, Gemeinschaftsprojekte).
Mehrgenerationenhäuser bieten Räume, in denen Kinder, Jugendliche und
Ältere gemeinsame Angebote nutzen und voneinander profitieren können –
etwa bei Freizeit, Gartenarbeit oder kulturellen Aktivitäten. Durch diese
Begegnungen werden Barrieren abgebaut, alle gesellschaftlichen Gruppen
profitieren.
- Umgang mit digitalen Barrieren Die Digitalisierung ist für alle eine
wesentliche Hilfe, die das Leben erleichtert. Gerade für Menschen, die
nicht damit aufgewachsen sind, stellt sie eine Barriere dar. Durch eine
breit angelegte, verstetigte Fortbildungsstrategie müssen ältere Menschen
mitgenommen werden oder analoge Angebote weiterbestehen.
3. Pflege und Gesundheit
- Verbindliches Leitprinzip: Selbstbestimmung und Teilhabe älterer Menschen
in allen Lebensbereichen. Pflegeeinrichtungen und Dienstleistungen sollten
älteren Menschen ermöglichen, Entscheidungen über ihren Alltag zu treffen
– etwa darüber, wann sie Unterstützung möchten, welche Aktivitäten sie
ausüben oder wie sie wohnen wollen.
- Förderung alternativer Wohnformen (z. B. gemeinschaftliche Wohnprojekte,
genossenschaftliche Pflegekonzepte), die Eigenständigkeit stärken.
Best practices Beispiele, in denen Ältere eigenes Umfeld mitgestalten und
Nachbarschaften enger vernetzt sind, zeigen, dass menschenwürdiges Altern
auch ohne traditionelle Heime möglich ist.
4. Finanzielle Gleichstellung
- Verbot pauschaler Altersgrenzen bei Kreditvergabe, Versicherungen oder
Mietverträgen. Es kommt vor, dass Banken oder Versicherer
Altersobergrenzen einführen oder Antragstellende über 65 oder 70
prinzipiell ausschließen – obwohl deren Bonität oder Rückzahlungsfähigkeit
durchaus gegeben wäre.
- Einführung von Transparenzpflichten für Banken und Versicherungen, um
altersdiskriminierende Praktiken offenzulegen und zu verhindern.
Wenn Kriterien für Kreditvergaben oder Versicherungsprämien nicht klar
sind, wissen Betroffene oft nicht, warum sie abgelehnt wurden oder höhere
Tarife zahlen müssen.
- Förderung von fairen Finanzprodukten, die auf Sicherheit und
Selbstbestimmung im Alter ausgerichtet sind.
5. Politische Repräsentanz
- Keine Altersgrenzen für politische Mitwirkung.
In manchen Gremien, Ausschüssen oder Ehrenämtern wird Menschen wegen ihres
Alters vorab erklärt, sie seien „zu alt“, obwohl sie aktiv und kompetent
sein könnten.
- Förderung der Beteiligung älterer Menschen in Bürgerbeteiligungsformaten,
Beiräten und Parlamenten.
Politikformate wie Bürger*innenräte sind oft zeitlich, räumlich schwer
erreichbar oder erfordern eine digitale Ausstattung, sodass Ältere kaum
teilnehmen können. Auf Wahllisten für politische Gremien sind ältere
Menschen deutlich unterrepräsentiert.
Begründung
- Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes veröffentlichte vor zwei Jahren eine interessante Studie zu Altersbildern und Altersdiskriminierung, die zeigt, dass Klischees und Vorurteile dem Alter gegenüber fest verwurzelt sind. Selbst an Jahren alte Menschen lehnen es ab, alt zu sein. Aber: Alter ist kein Defizit, sondern Teil gesellschaftlicher Vielfalt. Wir brauchen Rahmenbedingungen, in denen Ältere als Bürger*innen mit Erfahrung, Kompetenzen und Lebensleistung wahrgenommen werden – nicht als Belastung oder Risiko. Altersdiskriminierung ist auch eine Gefahr für die Demokratie. Wenn ältere Menschen sich nicht mehr einbezogen fühlen, verliert die Gesellschaft an Zusammenhalt.
- Die Grauen Grünen verbinden den Kampf gegen Altersdiskriminierung mit sozialer Gerechtigkeit, Bildungschancen im Alter (Lebenslanges Lernen) und sozialer Teilhabe.