| Veranstaltung: | Landesparteitag 08.11.2025 Völklingen |
|---|---|
| Tagesordnungspunkt: | 8. Anträge |
| Antragsteller*in: | Landesvorstand (dort beschlossen am: 24.10.2025) |
| Status: | Eingereicht |
| Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
| Angelegt: | 24.10.2025, 09:21 |
A11: Saarländische Stahlindustrie stärken – wettbewerbsfähig, klimaneutral und zukunftssicher
Antragstext
Der Parteitag möge beschließen:
Die saarländische Stahlindustrie ist das industrielle Rückgrat unserer Region.
Tausende Beschäftigte arbeiten in den Werken von Dillingen, Völklingen und
Umgebung. Auch zahlreiche Zulieferer hängen an der Stahlindustrie. Sie sichern
Wohlstand, Fachkräftebindung und sind ein Teil unserer regionalen Identität.
Doch die Branche steht unter massivem Druck: hohe Energiepreise, unklare
Rahmenbedingungen und ein globaler Preiskampf bedrohen die Zukunft ganzer
Standorte. Die Bundesregierung, insbesondere der Bundeskanzler, verschlimmern
die Lage dramatisch. Sie möchte die europäischen Klimaziele abschwächen und
greifen die CO2 Bepreisung an. Damit wären die die wesentlichen Grundlagen der
Transformation der saarländischen Stahlindustrie bedroht. Europäische
Wettbewerber in der Stahlindustrie setzen längst auf dies Entwicklung. Die
fatale Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung mit dem Wegfall klarer
Rahmenbedingungen für die Wirtschaft entwickelt sich zu einem veritablen
Standortrisiko.
Gerade für ein industriell geprägtes Bundesland wie das Saarland ist die
Transformation der Stahlproduktion zur Klimaneutralität eine Frage von sozialer
Gerechtigkeit, industrieller Souveränität und regionaler Zukunftsfähigkeit. Wenn
die Transformation nicht gelingt, drohen nicht nur Arbeitsplatzverluste, sondern
auch die Abwanderung von Wissen. Das Saarland unterstützt die Transformation mit
erheblichen Mitteln aus dem Transformationsfonds. Sollte diese scheitern, wäre
die Belastungen für den saarländischen Haushalt enorm und eine Zukunftschance
vertan.
Mit dem Sondervermögen für Infrastruktur können Brücken, Straßen und Schienen in
ganz Deutschland ertüchtigt oder ausgebaut werden. Ob im Verkehr, der
Energieinfrastruktur, oder der Automobilindustrie - Stahl ist ein wichtiger
Grundstoff für die Industrie. Angesichts der verschärften geopolitischen Lage
ist die saarländische Stahlindustrie auch eine Sicherheitsfrage: Nur mit einer
eigenen, deutschen Produktion reduzieren wir Abhängigkeiten.
Die saarländischen Grünen fordern die Bundesregierung auf,
- ein klares Bekenntnis zum Erhalt der saarländischen Stahlstandorte
abzugeben und dafür Sorge zu tragen, dass die Transformation zu
klimaneutraler Stahlproduktion gelingt.
- verlässliche Rahmenbedingungen für grünen Wasserstoff zu schaffen und den
schnellen Anschluss des Saarlands an die europäische Wasserstoff-
Infrastruktur zu gewährleisten. Pinker Wasserstoff darf nur eine
Übergangslösung bleiben, es ist sicherzustellen, dass auf die Nutzung
grünen Wasserstoffs hingewirkt wird. Es braucht einen verlässlichen
deutschen oder europäischen Industrie-Wasserstoffpreis, weil Stahlpreise
sehr sensitiv auf Wasserstoffpreise reagieren. Eine verspätete Reduktion
der CO₂-Zertifikate bis in die 2040er, wie von Thyssenkrupp fordert,
stellen wir uns - wie die saarländische Stahlindustrie - entgegen. Die
Bundesregierung muss dem eine Absage erteilen.
- faire Wettbewerbsbedingungen für saarländische Produzenten
sicherzustellen, in dem EU-weiten Schutzzöllen gegen klimaschädliche
Billigimporte aus Drittstaaten sowie die Ausweitung des CO₂-
Grenzausgleichs (CBAM) auf nachgelagerte Produkte. Es müssen dringend
weitere Förderprogramme durch die Einnahmen des CO₂-Grenzausgleichs
aufgelegt werden, die die europäische Stahl- und Wasserstoffindustrie bei
der grünen Transformation zu unterstützen.
- Die Bundesregierung muss sich auf europäischer Ebene entschieden dafür
einsetzen, dass der Start des EU-ETS 2 im Jahr 2027 wie geplant erfolgt –
ohne das System abzuschwächen. Die saarländische Stahlindustrie hat sich,
im Vertrauen auf stabile politische Rahmenbedingungen, mit
milliardenschweren Investitionen auf den Weg zu Green Steel gemacht. Eine
Abschwächung des Systems würde der saarländischen Stahlindustrie schaden
und zu massiven Wettbewerbsnachteilen im europäischen Markt führen.
- grüne Leitmärkte zu schaffen, insbesondere durch Mindestquoten für
klimaneutralen Stahl in der öffentlichen Beschaffung und gemeinsame
Beschaffungsinitiativen zwischen Bund, Ländern und Kommunen; sowie durch
die Integration verbindlicher Nachhaltigkeits-, Resilienz- und EU-
Inhaltskriterien (local content requirements) und der Tariftreue in die
öffentliche Beschaffung. Die Einführung eines Label-Systems für
klimafreundlichen Stahl muss konsequent verfolgt werden (LESS, Low
Emissions Steel Standard).
- die Strom- und Netzentgelte für energieintensive Betriebe zu senken, um
faire Produktionsbedingungen im europäischen Vergleich zu gewährleisten;
- Förderprogramme wie Klimaschutzverträge unter klaren sozialen Bedingungen
zu verstetigen und die Tarifbindung, starke betriebliche Mitbestimmung und
verbindliche Qualifizierungs- und Transformationspläne für die
Beschäftigten zu stärken. Klimaschutzverträge sind ein geeignetes
Förderinstrument, um die Planungssicherheit zu gewährleisten und
Standortgarantien zu festigen.
- den Strukturwandel sozial abzusichern durch gezielte
Weiterbildungsprogramme, Qualifizierungsnetzwerke und frühzeitige
Beteiligung der Betriebsräte an Transformationsentscheidungen. Die
Ausbildung qualifizierter Fachkräfte im Saarland sollte gestärkt werden,
in dem die finanzielle Übernahme und der Kapazitätsaufbau von Ausbildungs-
und Studienplätzen vollständig umgesetzt werden.
Die saarländische Stahlindustrie hat ihre Bereitschaft zur Transformation längst
bewiesen. Projekte wie die geplante Umstellung auf wasserstoffbasierte Prozesse
sind wegweisend. In Verbindung mit einer Strategie, die auf Diversifizierung und
die Stärkung von Handwerk, Mittelstand und Innovation setzt, können wir die
richtigen Rahmenbedingungen schaffen, um das Saarland zukunftsfest aufzustellen.
Doch aktuell droht die Bundesregierung, die Branche durch zögerliches Handeln zu
gefährden. Das Projekt gelingt aber nur, wenn Bund, Land und Unternehmen
gemeinsam Verantwortung übernehmen.